Meditation über die Birnen


Korkut Canayakin

Meditation über die Birnen

Das Foto verwischt die Grenze zwischen Nature Morte und lebendiger Allegorie. Vergessen auf dem Tisch, trugen die Birnen die Zeit in sich. Als ich sie wiederfand, erzählten ihre Körper unterschiedliche Geschichten: eine runzlig und gebrechlich, eine verletzt, aber noch aufrecht, und andere frisch und voller unverbrauchter Kraft. Was als Vernachlässigung begann, wurde zu Anerkennung. Ich legte sie in das Spielzeugbett meiner Tochter zusammen mit meine Tochter. Dort wurde das Obst zur Familie. Die Älteste legte sich hin und ergab sich der Zeit. Die Kinder standen dicht beieinander, gebeugt und weich geworden durch ihre eigenen Jahre. Die Enkelkinder verweilten in respektvollem Abstand, lebhaft und ohne zu wissen, wie schnell die Reife vergeht. Die Szene war beunruhigend, aber auch zärtlich. Was ich sah, war nicht nur Verfall, sondern Kontinuität: Liebe, ausgedrückt durch Präsenz, Abstammung, offenbart in einfachen Formen. Das Spielzeugbett, normalerweise ein Ort des Spielens, verwandelte sich in eine Bühne, auf der die Sterblichkeit mit Unschuld und Ernsthaftigkeit zugleich beobachtet werden konnte. Diese Szenerie verband uns, meine Tochter und mich, um ein Familienporträt zu erstellen. In diesem Tableau hören Birnen auf, Birnen zu sein. Sie werden zu uns. Sie erinnern uns daran, dass es im Leben nicht nur um Ankunft und Abreise geht, sondern auch um die Zwischenräume – das Wachen, das Zusammenkommen, das stille Ausharren der Generationen. Selbst im Stillleben gibt es Bewegung: eine Frucht fällt dem Ende entgegen, eine andere beginnt gerade. Und in ihrer stillen Gesellschaft erkannte ich die zerbrechliche Schönheit der Zugehörigkeit zur Zeit.

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